Was macht der Betriebsarzt?
Einblicke in Aufgaben, Untersuchungen und häufige Missverständnisse
Stellen Sie sich den Betriebsarzt als medizinischen Begleiter im Hintergrund vor: beratend, schützend, unterstützend. Und doch ranken sich um seine Rolle viele Fragen – und ebenso viele Missverständnisse. In diesem Beitrag klären wir auf, welche Aufgaben der Betriebsarzt hat, was bei Untersuchungen passiert und warum er mehr Verbündeter als Kontrolleur ist.
Allgemeine arbeitsmedizinische Vorsorge – was erwartet Mitarbeitende?
Die arbeitsmedizinische Vorsorge dient dem Schutz und der Erhaltung der Gesundheit am Arbeitsplatz. Sie ist gesetzlich geregelt durch die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) und richtet sich nach den gesundheitlichen Risiken der jeweiligen Tätigkeit. Mitarbeitende erhalten je nach Gefährdungslage entweder eine Pflichtvorsorge, eine Angebotsvorsorge oder können eine Wunschvorsorge wahrnehmen.
Eine typische Vorsorgeuntersuchung umfasst ein ärztliches Anamnesegespräch, eine körperliche Untersuchung sowie – abhängig von der Tätigkeit – Tests wie Sehtest, Hörtest oder auch eine Blut- oder Urinuntersuchung. Letztere erfolgen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Mitarbeitenden und dienen der Prävention, nicht der Kontrolle. Die Untersuchung findet in der Regel während der Arbeitszeit statt. Mitarbeitende müssen hierfür keine Freizeit opfern.
Im Rahmen einer Arbeitsmedizinischen Vorsorge entstehen z.B. durch einen „nicht bestandenen Sehtest“ keine arbeitsrechtlichen Folgen – nur eine Empfehlung zur weiteren ärztlichen Abklärung.
Fazit: Die arbeitsmedizinische Vorsorge ist eine individuelle Gesundheitsberatung im Auftrag der Sicherheit – nicht zur Kontrolle, sondern zur Unterstützung.
Beispiele: G25 und G42 – was wird dabei gemacht?
Obwohl die offiziellen G-Untersuchungen heute rechtlich durch neue Vorsorgeanlässe ersetzt wurden, sind Bezeichnungen wie G25 oder G42 in der Praxis weiterhin gebräuchlich. Sie bezeichnen typische Untersuchungen, die mit bestimmten Tätigkeiten verbunden sind.
G25 betrifft Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten. Hier prüft der Betriebsarzt Reaktionsvermögen, Sehschärfe (inkl. Perimetrie), Gleichgewichtssinn, Blutdruck und eventuell auch Urinwerte.
G42 wird bei Tätigkeiten mit Infektions- oder Hautgefährdung angewandt. Dabei stehen der Impfstatus, Hautveränderungen sowie die Beratung zum persönlichen Hautschutz im Vordergrund.
Fazit: Auch wenn sich die Terminologie geändert hat – die Inhalte bleiben praxisrelevant und dienen der gezielten Prävention bei besonderen Belastungen.
G-Untersuchungen: Alt vs. Neu
Früher wurden arbeitsmedizinische Untersuchungen unter dem Kürzel „G“ (für „Grundsatz“) geführt, etwa G25 oder G42. Seit der Neufassung der ArbMedVV spricht man offiziell nicht mehr von G-Untersuchungen, sondern von "Anlässen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge". Diese orientieren sich an konkreten Gefährdungen – nicht an pauschalen Tätigkeitsgruppen.
Beispiele für moderne Vorsorgeanlässe sind Bildschirmarbeit, Lärmbelastung, Umgang mit Gefahrstoffen oder Infektionsrisiken. Je nach Anlass gibt es Pflichtvorsorge (muss organisiert werden), Angebotsvorsorge (freiwillig) und Wunschvorsorge (auf Mitarbeiterwunsch).
Fazit: Auch wenn die G-Nummern Geschichte sind – die medizinische Logik dahinter bleibt erhalten. Heute zählt, was tatsächlich belastet.
Eignungsuntersuchungen – wenn eine Tauglichkeit Pflicht ist
Im Gegensatz zur Vorsorge geht es bei Eignungsuntersuchungen darum, ob eine Person überhaupt für eine Tätigkeit geeignet ist – z. B. bei Arbeiten mit Absturzgefahr, im Fahrdienst oder im Umgang mit Gefahrstoffen. Eine Eignungsuntersuchung darf nur erfolgen, wenn eine klare gesetzliche oder betriebliche Grundlage besteht, etwa durch die Strahlenschutzverordnung, Feuerwehrdienstvorschrift oder eine Betriebsvereinbarung.
Das Ergebnis lautet in der Regel: "geeignet", "geeignet unter bestimmten Voraussetzungen" oder "nicht geeignet". Diese Begriffe ersetzen die veralteten Formulierungen wie „tauglich“ oder „bedingt tauglich“.
Fazit: Eignungsuntersuchungen sind streng geregelt und dienen dazu, sowohl Mitarbeitende als auch Dritte vor unnötigen Risiken zu schützen.
Blut, Urin, Drogentests – was der Betriebsarzt darf (und was nicht)
Viele Menschen befürchten eine „heimliche Kontrolle“ durch den Betriebsarzt – insbesondere in Bezug auf Blut- oder Urinuntersuchungen. Wichtig zu wissen: Ohne ausdrückliche Einwilligung der Mitarbeitenden ist keine derartige Untersuchung zulässig. Drogentests etwa sind nur erlaubt, wenn es eine klare gesetzliche Grundlage oder Betriebsvereinbarung gibt – etwa im Fahrdienst.
Im Rahmen der Vorsorge können jedoch medizinisch sinnvolle Blut- oder Urinuntersuchungen angeboten werden – etwa zur Überprüfung von Leberwerten oder zur Belastung durch Gefahrstoffe (Biomonitoring). Auch hier erfolgt alles freiwillig und datengeschützt.
Fazit: Kein Betriebsarzt testet heimlich – im Gegenteil: Untersuchungen erfolgen transparent, einwilligungsbasiert und mit klarem medizinischem Nutzen.
Sehtest und Bildschirmarbeitsplatzbrille
Bei Bildschirmarbeit kann die regelmäßige Vorsorge helfen, Beschwerden frühzeitig zu erkennen – z. B. Konzentrationsschwierigkeiten, Nacken- und Schulterschmerzen oder visuelle Überforderung. Der Betriebsarzt prüft dabei die Sehschärfe, Kontrastsehen und ggf. das Gesichtsfeld (Perimetrie).
Ergibt die Untersuchung, dass eine normale Sehhilfe nicht ausreicht, kann eine spezielle Bildschirmarbeitsplatzbrille verordnet werden. Mitarbeitende erhalten dann einen Berechtigungsschein, den sie beim Optiker einlösen können. Die Kosten trägt der Arbeitgeber. Blaufilter-Gläser oder E-Ink-Displays gelten derzeit als wissenschaftlich nicht belegbar wirksam – und werden daher nicht erstattet.
Fazit: Gute Sicht heißt gute Arbeit. Die Bildschirmbrille ist ein rechtlicher Anspruch – keine Kulanzleistung.
Impfungen beim Betriebsarzt – was, wann, für wen?
Impfungen sind ein zentraler Bestandteil betrieblicher Prävention. Der Betriebsarzt prüft auf Basis der Gefährdungsbeurteilung, welche Impfungen im Einzelfall sinnvoll oder notwendig sind. Typische Impfungen sind etwa Grippe (jährlich), Hepatitis A/B (z. B. bei Abwasser oder Blutkontakt), FSME (z. B. Forst), Tetanus oder Reiseimpfungen bei Auslandsreisen.
Die Teilnahme ist freiwillig, die Beratung individuell – und die Kosten übernimmt bei beruflicher Indikation in der Regel der Arbeitgeber. Diese Liste ist nicht abschließend, sondern wird immer tätigkeitsbezogen angepasst.
Fazit: Wer beruflich erhöhten Risiken ausgesetzt ist, kann sich betrieblich geschützt fühlen – Impfungen inklusive.
Vorsorgebescheinigung, Vorsorgekartei und Frequenz
Nach jeder Vorsorge kann auf Wunsch eine Vorsorgebescheinigung ausgestellt werden – als einfacher Nachweis der Teilnahme. Der Arbeitgeber dokumentiert die Teilnahme in einer Vorsorgekartei. Wichtig: Weder Inhalte noch Diagnosen dürfen dort gespeichert werden – die Schweigepflicht bleibt gewahrt.
Die Häufigkeit der Untersuchungen ergibt sich aus gesetzlichen Vorgaben und der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung. In der Regel erfolgen sie alle ein bis drei Jahre.
Fazit: Die Dokumentation ist klar geregelt und unterliegt konkreten Datenschutzvorgaben.
Häufige Missverständnisse rund um den Betriebsarzt
Kontrolliert der Betriebsarzt Krankschreibungen?
Nein. Der Betriebsarzt hat keine Einsicht in Krankschreibungen und führt keine Kontrollen durch. Sein Fokus liegt auf Vorsorge, nicht auf Überwachung.
Was darf ich sagen – und was nicht?
Gespräche mit dem Betriebsarzt sind vertraulich. Niemand ist verpflichtet, private Gesundheitsinformationen preiszugeben. Der Arbeitgeber erhält ausschließlich eine arbeitsmedizinische Beurteilung. Der Betriebsarzt darf auch nicht nach einer Schwangerschaft fragen.
Was sollte ich mitbringen?
Sehhilfe, Impfausweis, Medikamentenliste, ggf. bequeme Kleidung – und bei Bedarf: eigene Fragen. Der Termin ist auch eine Gelegenheit zum offenen Gespräch.
Fazit: Der Betriebsarzt ist ein beratender Partner – nicht der verlängerte Arm der Personalabteilung.
Lassen Sie